3D-Laserscanning in den äußersten Randlagen von Nepal

Fallstudie

Der 3D-Laserscanner Leica RTC360 am äußersten Rand von Nepal

Der Leica RTC360 auf dem Dach von Samling Gompa – Quelle: Peter BauerDer Leica RTC360 auf dem Dach von Samling Gompa – Quelle: Peter Bauer 

Der Nezar-Tempelragt schon seit neunhundert Jahren über das Dorf Bijer und ist eines der ältesten buddhistischen Klöster außerhalb von Tibet. Bijer, mit einer Bevölkerung von derzeit 250 Menschen, liegt in der entfernten oberen Dolpo-Region von Nepal, ein Gebiet, das bis vor 200 Jahren von Tibet umgeben war. Neben der Gompa-Struktur (die der Meditation und dem Lernen dient), gibt es dort zweiundzwanzig Stupas: hügelfürmige Grabmale, die der Beerdigung oder der Aufnahme von religiösen Objekten dienen. Es handelt sich um eine mehrerer ähnlicher Stellen, die während einer kürzlichen zweimonatigen Forschungsexpedition kartiert—und 3D-modelliert—wurden.

 

Die gemeinsam vom Institute of Engineering Geodesy and Measurement Systems und dem Institute Architectural Theory, History of Art and Cultural Studies der Technischen Universität Graz (TU-Graz), Österreich, veranstaltete Expedition war Teil des laufenden Projekts des Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF): "Buddhist Architecture in the Western Himalayas”. Ziel ist es, die Forschung zur Evolution von Architekturstilen und -techniken im Laufe der Geschichte zu unterstützen, wobei die zusätzliche Nutzung von hochauflösenden 3D-Laserscannerdaten detaillierte Erkenntnisse bietet, die bisher nicht möglich waren.

 

Das Forschungsteam im Inneren des Nezar-Tempels, Nepal mit dem Leica RTC360. Von links: Helmut Woschitz, Carmen Auer und Peter Bauer – Quelle: Peter Bauer

Das Team im Inneren des Nezar-Tempels. Von links: Helmut Woschitz, Carmen Auer und Peter Bauer – Quelle: Peter Bauer

 

Packing it In 

“Um die Dörfer des oberen Dolpo zu erreichen, muss man zwei verschiedene Flugzeuge nehmen und dann als Karawane mit Packeseln über mehrere Tage unterwegs sein”, erklärt Peter Bauer, Universitätsassistent und Doktorand TU-Graz. Es gab zwar frühere Messungen dieser Stellen, doch wurden diese mit Maßband und handschriftlichen Notizen durchgeführt, oder höchstens mit einer Totalstation. Als die gemeinsame Expedition den Einsatz eines Laserscanners und einer Drohne ankündigte, sorgte dies bei den Forschern für Begeisterung.

 

Um die Tempel zu erreichen, waren zwei Flüge und vier bis fünf Tage als Karawane zu Fuß, mit Packeseln, nötig – Quelle: Peter BauerUm die Tempel zu erreichen, waren zwei Flüge und vier bis fünf Tage als Karawane zu Fuß, mit Packeseln, nötig – Quelle: Peter Bauer

 

“Wir mussten sehr genau planen, welche Ausrüstung und Instrumente wir mitbringen würden”, sagte Bauer. “Der Leica RTC360 war unser Scanner der Wahl, denn er ist einfach zu transportieren und sehr leicht — und  war ein guter Kompromiss zwischen dem Leica ScanStation P50 — der für die Expedition zu groß war— und einem Leica BLK360. Der BLK360 wäre für kleine Innenräume sehr gut geeignet gewesen, aber wir hielten den RTC360 für wesentlich geeigneter für die umfangreichen Außenscans, die erforderlich wären.”

 

Strukturiertes 3D-Netz des Gamotsche-Tempels – Quelle: Peter Bauer

Strukturiertes 3D-Netz des Gamotsche-Tempels – Quelle: Peter Bauer

 

Arbeiten auf Anhieb richtig erledigen

Realitätserfassung und 3D-Modellierung sind zwar alltäglich geworden, aber dieses Nepal-Projekt steht für das Außergwöhnliche. Entscheidend dafür, den vielen Herausforderungen zu begegnen, waren die leistungsstarken Funktionen der Registrierung im Feld und der Qualitätssicherung vor Ort dank der Mobilgeräte-App Leica Cyclone FIELD 360 . Das Projektteam musste alles beim ersten Versuch schaffen, wobei die eingesetzten Lösungen entscheidend waren.

 

Dieses zweimonatige Projekt fand in Gebieten mit begrenzter Stromversorgung und ohne Internet statt, einem Luxus, den die meisten im Bereich Realitätserfassung selbstverständlich erwarten. Mit der Hilfe des Cyclone FIELD 360 wurden die Scans bei der Bewegung von einer Höhenmarkierung zur nächsten nach und nach registriert. Weitere Qualitätssicherungsschritte fanden vor Ort in Cyclone REGISTER 360 PLUS auf einem Laptop statt.

 

Im Vergleich mit herkömmlichen Verfahren: Ad-hoc-Messungen mit Maßband, Zeichnungen, Totalstationen und Feldnotizen, die alle anschließend zusammengestellt und anlysiert werden mussten. Selbst beim Einsatz herkömmlicher Scanner sind unter Umständen weitere Schritte zur Registrierung der Punktwolken und Eingrenzung der Ziele nötig. Diese Schritte fanden meist später im Büro statt. Somit wurden Fehler und Lücken erst entdeckt, als es schon zu spät war, und konnten nur durch eine Rückkehr an die Stätte behoben werden. Bei diesem Nepal-Scanningprojekt war eine Rückkehr praktisch nicht möglich, sodass alles beim ersten Mal korrekt sein musste.

 

Gemeinsame Ausgangspunkte

Der erste Schritt, vor dem Scannen, bestand in der Einrichtung eines Kontrollrahmens als Grundlage für den Scanaufbau und die Flugziele. “Das war sehr wichtig, da diese Stellen auch auf ihre strukturelle Stabilität untersucht wurden”, erklärte Bauer. "Wir mussen die tragenden Elemente erfassen: Mauern, Säulen, Pfeiler. Und zwar sehr genau im Verhältnis zu allen anderen strukturellen Elementen." An jeder Stelle gab es rund 50 Scanstandpunkte für den Innenbereich jedes Klosters und weitere 50 außen, womit rund 3,5 GB Punktwolkendaten an jedem Standpunkt erfasst wurden.

 

Temporäres Feldbüro im Inneren des Nezar-Tempels (Bijer) – Quelle Peter BauerTemporäres Feldbüro im Inneren des Nezar-Tempels (Bijer) – Quelle: Peter Bauer

 

Teammitglied Carmen Auer dokumentiert den Nezar-Tempel mit Fotos, die mit einem Samsung S6-Tablet gemacht wurden, mit einem Link zur Cyclone FIELD 360-App – Quelle: Peter Bauer

Teammitglied Carmen Auer dokumentiert den Nezar-Tempel mit Fotos, die mit einem Samsung S6-Tablet gemacht wurden, mit einem Link zur Cyclone FIELD 360-App – Quelle: Peter Bauer 

 

“Mit Cyclone FIELD 360 konnten wir die Scans im Verlauf der einzelnen Standpunkte automatisch zusammen registrieren”, erklärte Bauer. “Und die Ziele im Feld kennzeichnen, was das Post-Processing erheblich erleichterte, denn wir konnten nicht alle anderen Datensätze sofort importieren.” Später erstellte das Team Netzmodelle und strukturierte Netzmodell zur Weiterleitung an die Architekten für die Strukturuntersuchung, die dann die Modelle in ihre eigene Software zur Analyse luden. “Die Möglichkeit zum Export von Standardformatdaten funktionierte für unser vorrangiges Ziel gut”, so Bauer. “Die Erstellung eines 3D-Modells und dann mehrerer Ableitungen.”

 

Feld-Registrierung der Gamotsche-Scans mit Cyclone REGISTER 360 PLUS – Quelle: Peter Bauer

Feld-Registrierung der Gamotsche-Scans mit Cyclone REGISTER 360 PLUS – Quelle: Peter Bauer

 

Es gab Bedenken wegen der Beleuchtung, da die Strukturen nicht gut beleuchtet waren. “Der RTC360 konnte viele Details erfassen, selbst bei geringem Licht, aber wir brauchten einfach ein bisschen mehr Licht,” sagte Bauer. “Wir trugen alle Helme mit Stirnlampen. Indem wir zur Streuung des Lichtstrahls Plastikfolie darüber anbrachten, erreichten wir genau, was wir brauchte .”

 

Peter Bauer unter dem Stativ in Nepal, um nicht Teil der Punktwolke zu werden – Quelle Peter Bauer

Peter Bauer unter dem Stativ in Nepal, um nicht Teil der Punktwolke zu werden – Quelle Peter Bauer

 

Kulturen überbrücken

Es handelt sich hier um die heiligsten Stätten in der Region, die eine tiefe kulturelle Bedeutung haben und die Menschen vor Ort mit einem Gefühl von Identität und Stolz erfüllen. Forschungsreisende werden meist freundlicher in Empfang genommen als Touristen, doch trotzdem musste das Team mit Respekt vorgehen und den Einheimischen beispielsweise versichern, dass die Scans keine sensiblen Details erfassen würden. “An einigen Stellen gab es Diebstähle und die Menschen vor Ort wollten nicht, dass der wertvolle Inhalt ihrer Tempel weltweit zu sehen ist”, sagte Bauer. “Da wir ihnen jedoch schnell die 3D-Modelle zeigen konnten, erkannten die Einheimischen, dass es ein großartiges Instrument für die Dokumentation und den Erhalt ist.” 

 

Die Einwohner vor Ort waren beeindruckt von den strukturierten 3D-Netzmodellen und erkannten, dass es sich um eine wertvolle Ressource zur Bestandsaufnahme und Bewahrung ihrer Kulturschätze handelt – Quelle: Peter BauerDie Einwohner vor Ort waren beeindruckt von den strukturierten 3D-Netzmodellen und erkannten, dass es sich um eine wertvolle Ressource zur Bestandsaufnahme und Bewahrung ihrer Kulturschätze handelt – Quelle: Peter Bauer

 

“Die Menschen vor Ort waren sehr beeindruckt davon, in den 3D-Modellen fliegen zu können und sogar Dinge aus der Vogelperspektive sehen zu können”, erklärte Bauer. Indem wir über die Scans eine Verbindung und einen gemeinsamen Zweck herstellten, konnte das Team auch etwas am Leben vor Ort teilhaben. “Sich im Tempel aufzuhalten, gemeinsam in der Küche zu sitzen, das Leben der Menschen zu beobachten, zum Essen eingeladen zu werden, das war wirklich eine der besten Erfahrungen.”

 

Bauer berichtete, dass das Team auch eine große Bewunderung für die Menschen vor Ort entwickelte, die mit ihrer Resilienz der fernen, oft rauen und hoch gelegenen Umwelt trotzen. "Während wir als Karawane zu Fuß unterwegs waren, entschied sich eine ältere Einheimische, die einen schweren Sack Reis trug, sich uns anzuschließen. Kurze Zeit später ging sie jedoch ohne uns weiter, denn, wie sie sagte, wäre sie bei unserem langsamen Tempo mehrere Tage zu spät.”

 

Strukturiertes 3D-Netz des Nezar-Tempels, des alten Lama-Hauses und der neuen Gesundheitsstation in Bijer – Quelle: Peter Bauer

Strukturiertes 3D-Netz des Nezar-Tempels, des alten Lama-Hauses und der neuen Gesundheitsstation in Bijer – Quelle: Peter Bauer

 

 

 

Mehr Informationen zum Laserscanning

Bitte kontaktieren Sie uns, wenn Sie weitere Informationen über unser Laserscanning-Portfolio erhalten möchten.
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Mit der Einführung von Laserscanning wird das Messen und Dokumentieren branchenübergreifend vereinfacht und verbessert.
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